Die Vereinten Nationen und der Korea-Krieg: Von Anfang an zum Scheitern verurteilt?

Der letzte Teil unseres Themenblocks zu Südostasien wurde von Jonas Hoppe geleitet. Ebenso wie die vorherige Präsentation lag der Fokus auf der Fragestellung, wie effektiv IGOs in Kriegen Ostasiens im 20. Jh. intervenierten. Herr Hoppe referierte in diesem Kontext zur Rolle der Vereinten Nationen im Koreakrieg. Dabei zeigte er auf, wie bereits in den 1950ern die Stärken, aber auch die strukturellen Probleme des neuen UN Systems der Kollektiven Sicherheit offensichtlich wurden. Aufgrund einer spannenden Einleitung in die Entwicklung der Uniting for Peace Resolutions sowie einer Kontextualisierung der Geschichte Koreas war die Präsentation sowohl für Studenten der Geschichts- wie auch der Politikwissenschaften interessant.

Herr Hoppe während seinem Vortrag © Dario Holz

Hoppe begann in seiner Einführung mit einem Überblick zu den Vereinten Nationen (UN), wobei er die Funktionsweise und Kompetenzen des Sicherheitsrats (UNSC) und der Generalversammlung (GA) darstellte. Dabei ging er vor allem auf Kapitel 6 und 7 der UN-Charta ein. Schlussendlich zeigte Hoppe auf, wie Kollektive Sicherheit im neuen System gestärkt worden war. Im Vergleich zu dem Völkerbund war der Entscheidungsprozess der UN simplifiziert, wichtige Mächte, die dem Völkerbund fehlten, wie z.B. die USA, waren integriert und der politische Wille, auch in Asien zu intervenieren, war gefördert worden. 
 
Daraufhin folgte eine historische Einordnung. Korea war bis 1895 teil der Einflusssphäre des Qing-Chinas gewesen. Mit dem japanischen Sieg im ersten Sino-japanischen Krieg fiel Korea unter japanischen Einfluss und litt bis 1945 unter dem sich immer weiter radikalisierenden japanischen Imperialismus. Bereits in der Konferenz von Kairo 1943 versprachen die Alliierten den Koreanern ein von Japan unabhängiges Korea. Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges befreiten russische Truppen die Mandschurei von der japanischen Besatzung und marschierten von dort aus in Nordkorea ein. Die westlichen Alliierten hingegen besetzten den Süden des Landes. Mit dem General Order No.1 wurde der 38. Breitengrad als Grenze zwischen den Besatzungszonen festgelegt. Somit wurde Korea von dem Status einer Kolonie befreit. Das offizielle Ziel der Alliierten war, abzuziehen, nachdem die koreanische Bevölkerung eine eigene Regierung gewählt hatte. 
 
In diesem Rahmen wurde durch die GA Res. 112 die Commission on Korea kreiert, welche das Abhalten von Wahlen für ein vereintes Korea unterstützen sollte. Dies scheiterte jedoch an ideologischen Differenzen: So wurde im Süden die Republik Korea ausgerufen, im Norden die Volksrepublik Korea. Die UN erkannte jedoch nur die Republik Korea an. Hoppe schilderte kurz die Kriegsgründe. Kim Il Sung, der Präsident der Volksrepublik, habe einen Krieg zur Unifizierung geplant gehabt. Nach 1949 sei die Lage dafür gut gewesen. Mao’s Sieg im Chinesischen Bürgerkrieg und Stalin's Versprechen von Unterstützung, hätten Kim Il Sung  überzeugt, die Invasionspläne in die Tat umzusetzen. Dabei sei der Großteil des Südens überrannt worden. 
 
Die USA war entschlossen, militärisch auf Seiten Südkoreas zu intervenieren, entschied sich jedoch gegen eine unilaterale Intervention und setzte stattdessen auf den SC. Dies war möglich, da der sowjetische Vertreter den SC boykottierte und somit die Resolutionen nicht durch Vetos aufhielt. Der chinesische P5 Sitz wurde noch von der Kuomintang (Taiwan) besetzt, wodurch die Volksrepublik China ebenso keine Vetos benutzen konnte. Diese multilaterale Intervention habe der USA als effektives Legitimationsinstrument gedient (Res. 82-85) und habe durch Arbeitsteilung der USA auch materielle Vorteile gebracht. Gleichzeitig jedoch seien deswegen auch die ambitioniertesten Pläne der USA vom SC zurückgewiesen worden. So konnten die USA einen Beitritt Taiwans in den Konflikt nicht durchsetzen: Andere Mitglieder des SC befürchteten, dass Taiwans Involvierung einen neuen Chinesischen Bürgerkrieg entfachen könnte. Mit der Rückkehr des russischen Delegierten wurde der SC durch das Vetorecht der UdSSR blockiert, wodurch weitere Resolutionen unmöglich waren. Die Res. 82-85 legitimierten aber weiterhin die militärischen Operationen gegen Nordkorea. Der Süden wurde bis zum 38. Breitengrad zurückerobert und die Verbündeten drangen in Nordkorea ein. Ob dies im Rahmen der Res. 82 und 84 legitim war, bleibt bis heute bestritten. 
 
Nach einem chinesischen Eingreifen in den Konflikt verschob sich das Mächtegleichgewicht erneut, und der Konflikt lief Gefahr, zu eskalieren. Hochrangige Militärs der USA plädierten für den Atomwaffeneinsatz. Im Rahmen dieses Eskalationspotentials entstand die erste Uniting for Peace Resolution (3. November 1950). Obwohl die GA keine echte Entscheidungsmacht hat, habe sie durch diesen Schritt enormen normativen Einfluss genommen, und Verhandlungen mit beiden Seiten gefördert. Die Good Offices wurden für Gespräche mit China gegründet, und vor allem ein arabisch-asiatischer Block habe auf eine friedliche Beilegung des Konfliktes gedrängt.  Trotz diesem internationalen Druck war das Ende des Konfliktes schlussendlich von weiteren Faktoren abhängig. Der Krieg entwickelte sich immer mehr zu einem Zermürbungskampf, innenpolitisch wurde er in der USA immer weniger populär. Stalin’s Tod reduzierte das Interesse der UdSSR, den Konflikt weiter anzuheizen. Schließlich wurde ein Waffenstillstand am 27. Juli 1953 unterschrieben. 
 
In der Diskussion wurde ein Fokus auf den Vergleich zwischen den UN und dem Völkerbund gelegt. Auch kam die Frage über die Aufarbeitung von Kriegsverbrechen auf. Die Gefahr der Eskalation zum Dritten Weltkrieg wurde erörtert und Präventionsmöglichkeiten besprochen. Herr Hoppe stellte den Studenten eine umfangreiche Literaturliste für die eigene Vertiefung zur Verfügung. 
 

Was können wir aus dem Vortrag lernen?

 

Mit der Gründung der UN wurden unilaterale Interventionen grundsätzlich diskreditiert. Die USA nutzte den SC somit als zentrale Legitimationsgrundlage für Intervention in Korea, musste deswegen aber eine klare Begrenzung der eigenen Intervention-Policy hinnehmen. Einer der Gründe warum dies im Koreakrieg funktionierte, heute jedoch schwierig ist, war das Fehlen der UdSSR (wegen Boykott) und der Volksrepublik China in SC, wodurch Konsens leichter herzustellen und Vetos unwahrscheinlicher waren. Interventionen durch die GA, wie man bei der Uniting for Peace Resolution sowie der Commission on Korea sieht, waren hingegen nicht besonders effektiv, da Exekutivmacht und Durchsetzungskraft fehlten. Somit zeigt bereits der Koreakrieg auf, welche inhärenten Probleme die UN bis heute bei der Durchsetzung internationaler Sicherheit plagen.