Spannende Einblicke in die Kontrolle von Nachrichtendiensten: Vom NSA-Untersuchungsausschuss bis zur europäischen Zusammenarbeit

Das Thema Nachrichtendienste ist immer ein undurchdringliches und ein wenig verworrenes. Mit Christian Flisek, der in der vergangenen Legislaturperiode im NSA-Untersuchungsausschuss saß und maßgeblich an der Gesetzgebung des vergangenen BND-Gesetzes beteiligt war, diskutierten wir darüber am vergangenen Freitag per Zoom und so wurden die Zusammenhänge zwischen NSA-Ausschuss, dem daraus resultierende neue BND-Gesetz und schließlich das vergangene Verfassungsgerichtsurteil klar.

Angefangen bei Edward Snowden gab es für Christian Flisek eine ganze Menge über die nachrichtendienstliche Kontrolle zu erzählen: Wie die NSA-Affäre Einfluss auf die deutsche Gesetzgebung hatte und dass es doch irgendwie vorhersehbar war, dass es zu einem solchen Verfassungsgerichtsurteil kommen kann. Welche konkreten Folgen das hat, ist in Berlin klar zu beobachten: das Gesetz muss vor dem Beginn des Wahlkampfes nächstes Jahr fertig werden, was ein knapper Zeitrahmen ist. Dabei geht es nicht darum, die Arbeit der Nachrichtendienste einzuschränken, sondern den rechtsstaatlichen Rahmen für nicht-Staatsbürger zu regeln. Diese, so Flisek, lassen sich momentan als vogelfrei bezeichnen. Das muss sich vor allem in Bezug auf EU-Bürger ändern, eine Ausweitung der Rechte der Staatsbürger auf EU-Bürger ist vorstellbar. In den Niederlanden ist es beispielsweise so, dass alle Menschen Bürgerrechte im Bezug auf nachrichtlichdienstliche Arbeit genießen. Das so Flisek, wäre aber in Deutschland nicht mehrheitsfähig und würde nur die Arbeit der Dienste einschränken. 

Dass nicht alle Inhalte bei dem Thema öffentlich und über Zoom diskutiert werden können, zeigt sich bei der Nachfrage zu der Operation Rubikon, mit der der BND unter andern seine europäischen Nachbarn großzügig ausspähte. Statt darauf einzugehen, was er leider nicht könne, berichtete Flisek über die mögliche zukünftige europäische Zusammenarbeit in der staatlichen Kontrolle von Geheimdiensten. Prinzipiell sei das möglich, das Herantasten aber nur sehr vorsichtig. "Nachrichtendienste sind ein sehr nationales Thema, da gibt es keine Freunde, höchstens Partner. Gute, weniger gute und Partner die man am liebsten wieder loswerden würde" so Flisek. Deutschland beteiligt sich momentan an der europäischen Zusammenarbeit auch eher verhalten, da es in Deutschland keine einheitliche Behörde mit Beamten gibt, die den BND überwachen, sondern die Kontrolle auf zu vielen verschiedenen Schultern lastet. Auch ein großes Problem, dass sich momentan auf Europaebene stellt: Der Brexit. 

Doch zwischen europäischer Kooperation, Edward Snowden und Tötungen mit Hilfe von Drohnen, die von deutschem Boden gesteuert werden, stellt Flisek das größte Problem der deutschen Kontrolle des BND heraus: "Momentan ist die Stimmung in Deutschland so, dass Parlament und Nachrichtendienste gegeneinander statt miteinander arbeiten, was auch die Arbeit des NSA-Ausschuss erschwerte." Ob dann ein Äquivalent zum Wehrbeauftragten vorstellbar wäre? "Prinzipiell", so Flisek, "ist das keine schlechte Idee, in der kurzen Zeit bis zur Bundestagswahl im nächsten Jahr aber nicht umsetzbar". Genügen wird das Gesetz, das im nächsten Jahr fertig sein muss, aber wohl nicht, da es sich, so die Stimmung zurzeit in Berlin, an den Minimalanforderung des Verfassungsgerichtes abarbeitet. In Anbetracht des ständigen technischen Fortschrittes wird die Überwachung von Nachrichtendiensten aber wohl immer eine Dauerbaustelle bleiben: "Nach der Reform ist vor der Reform.", wie Flisek zusammenfasste. Es bleibt also auch in Zukunft genügend Inhalt um das Thema zu diskutieren. 

 

Wir bedanken uns bei allen Teilnehmenden und besonders bei Christian Flisek für die sehr spannenden Einblicke und die ausführlichen Erklärungen zu einem nicht immer zugänglichen Thema!