What impact does the Inter-State Politics of Memory between South Korea and Japan have on East-Asian security?

Dieses Semester vertieften wir unseren Südostasien Fokus mit zwei Gastvorlesungen von PHD Kandidaten. Die zweite dieser Gastvorlesungen wurde von Sung Jin Park über die Rolle der Geschichtspolitik in den koreanisch-japanischen Beziehungen gehalten. Herr Park ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Internationale Beziehungen. Er studierte in Korea im Bachelor Japanese Area Studies und schloss einen Master in Internationalen Beziehungen ab. Seine akademische Arbeit fokussiert sich unter anderem auf Geschichtspolitik, Transitional Justice und Kindersoldaten.

© HSG Jena

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Sung Jin Park begann mit dem historischen Hintergrund. Dabei behandelte er den japanischen Imperialismus in Korea seit 1910 und listete eine Reihe der in dieser Periode passierten Verbrechen, wie zum Beispiel die Zwangsprostitution, auf. Mit Ende des Zweiten Weltkriegs wurden im Rahmen der Tokioter Prozesse viele japanische Offiziere und Politiker aufgrund Verbrechen gegen die Menschlichkeit hingerichtet oder inhaftiert. In Japan selbst jedoch blieb der Kaiser zumindest als Symbol des Staates bestehen, und viele verstorbene japanische Verbrecher werden bis heute im Yasukuni Schrein gewürdigt. Dies bot die Basis für einen Konflikt der Erinnerung. 

 

Bis 1965 existierten keine diplomatischen Beziehungen zwischen Südkorea und Japan. Der Kurswechsel beider Länder nach 1965 basierte laut Park auf mehreren Faktoren. Südkorea, unter dem Diktator Park Jung Hee, brauchte dringend Geld, während Japan nach neuen Handelspartnern sowie Alliierten im Kampf gegen den Kommunismus suchte. Der dadurch entstandene Grundlagenvertrag zwischen Japan und Südkorea sah vor, dass Südkorea jegliches Recht auf Reparationen aufgab, jedoch als Gegenleistung Entwicklungshilfe sowie staatliche Anerkennung bekam. 

 

Nach dieser historischen Einleitung stellte Park die politischen Systeme von Südkorea und Japan vor. Park beschrieb Südorea als ein Präsidential- und Mehrparteiensystem mit zwei starken Parteien: der konservativen Gungminui-him und der liberalen Deobureo-minju Partei. Die Gungminui-him unterstützt eine freie Marktwirtschaft und einen schwachen Staat, ist jedoch auch internationalistisch und der USA wohlgesinnt. Aufgrund der aggressiven Position, die die Partei gegenüber Nordkorea vertritt, verfolgt sie eine praktische Politik Japan gegenüber. Die Deobureo-minju hingegen steht für eine soziale Demokratie mit starkem Staat, ist nationalistisch und pazifistisch gegenüber Nordkorea eingestellt. Sie ist jedoch stark anti-kolonial und somit grundsätzlich Japan, als ehemalige Kolonialmacht, abgeneigt. Die koreanische Politik gegenüber Japan ist somit stark von der herrschenden Partei abhängig. Laut Park ist das zentrale Streitthema der Parteien in dieser Hinsicht die Frage der “Reversed causality between memory and cooperation”. In Japan ist eine Partei dominant. Sie hat seit 1955 nur einmal die Wahl verloren. Innerhalb dieser existiert eine große Bandbreite an verschiedenen politischen Ansichten. Dabei kommt es bei der japanischen Koreapolitik darauf an, ob sich die rechte oder linke Seite der Partei durchsetzt. Vor allem konservative Elemente bestreiten, dass Kriegsverbrechen passiert sind und versuchen, Japan erneut das internationale Recht auf eine echte Armee zu erwerben. Park argumentiert daher, das für die koreanisch-japanischen Beziehungen eine linke Koreanische Präsidentschaft kombiniert mit einer Vormachtstellung der japanischen Rechten am schädlichsten ist. 

 

Die internationalen Beziehungen zwischen Korea und Japan seien von einer starken Ambivalenz gekennzeichnet. Auf der einen Seite ist Japan einer der größten Handelspartner Koreas. Das koreanische Wirtschaftsmodell basiert auf dem japanischen. Millionen Koreaner machen in Japan Ferien und es gibt einen gleichwertigen kulturellen Austausch zwischen den jüngeren Generationen: Viele Japaner interessieren sich für Kpop, während Anime und Manga in Korea großen Anklang finden. Auf der anderen Seite gibt es signifikante Konflikte über die Erinnerung an die koloniale Vergangenheit. Dazu kommt der territoriale Konflikt über die Insel Dokdo(Takeshima). Der Erinnerungskonflikt führt auch zu signifikanten wirtschaftlichen Konsequenzen, wie koreanische Boykotte berühmter Japanischer Kleidungsmarken. 

 

Obwohl es zu Beilegungsversuchen kam, und in der 1993 Kono Rede wenigstens die Existenz der Zwangsprostitution im ehemaligen Japanischen Kolonien zugegeben wurde, existiert bis heute ein Kreislauf von Krisen und Misstrauen, der eine echte Lösung unmöglich macht. 2015 zum Beispiel kam es zu einem effektiven Übereinkommen über die “Comfort Women” Frage. Diese wurde jedoch durch das Amtsenthebungsverfahren von der Südkoreanischen Präsidentin delegitimiert. Park führt für das Scheitern solcher Prozesse mehrere Gründe an. Zum einen fehlt es an Kohärenz. Japanische Entschuldigungen seien oft durch darauf folgende aggressive Reden, Textbuch-Kontroversen und ähnlichem Zunichte gemacht worden. Dazu kommen südkoreanische Politiker, die den Konflikt mit Japan in einem Rally around the Flag Effekt ausnutzen. Kulturelle Differenzen und Missverständnisse dienen als Katalysatoren oder verschlimmern solche Situationen. 

 

Die Konflikte zwischen Korea und Japan haben laut Park auch einen signifikanten Effekt auf die internationale Sicherheitspolitik in der Region. Ein Gerichtsurteil des Obersten Gerichts Südkoreas, das Zwangsarbeiter gegenüber der Nippon Stahl Firma Reparationszahlungen zustand, führte zu einer schwerwiegenden Krise. Japan akzeptierte aufgrund des 1965 Abkommens keine Reparationszahlungen und erschwerte als Antwort auf das Urteil den Handel von für die koreanische Wirtschaft zentrale Chemikalien. Korea terminierte daraufhin das GSOMIA (General Security of Military Information Agreement). Dieses ist für die Alliierten der USA zentral, da sie das wichtigste Bindungsglied für die Kooperation zwischen Japan und Südkorea darstellt und für die Sicherheit gegenüber China und Nordkorea unerlässlich ist. Nur aufgrund einer amerikanischen diplomatischen Intervention konnte das Abkommen 2023 vollkommen wiederhergestellt werden.

 

Park beendete seinen Vortrag mit einem Ausblick auf die Zukunft. Obwohl in Anbetracht des letzten Jahrhunderts die Korea-Japan Beziehungen im Moment positiv sind, sind sie weiterhin stark von den einzelnen Wahlen abhängig. Der bilaterale Kreislauf von Schuldzuschreibungen, Entschuldigungen und Wiedergutmachungen wird von beiden Seiten kritisch gesehen und lässt in Japan erneut anti-koreanische Sentiments aufkommen. 

 

In der Frage- und Diskussionsrunde wurden die Rolle Chinas und die Textbuch-Kontroversen thematisiert. Vertrauensherstellende Maßnahmen wurden besprochen und Park erklärte, warum bis jetzt einige davon, wie joint historical research groups, immer wieder scheiterten.